Antwort der SDP – Wahlprüfsteine

unveränderte Antwort der SPD im Namen von Kajo Wasserhövel:

Aufklärung

1. Wie wichtig erachten Sie die Sexualaufklärung an Schulen, die sich
ausführlich mit Toleranz gegenüber jedweder sexueller Orientierung, mit
Coming Out und mit Mobbing gegenüber Jugendlichen beschäftigt?

Wir wollen eine Schule, in der man ohne Angst verschieden sein kann und in der Toleranz gelernt und gelebt wird. Grundlage hierfür ist ein ganzheitlicher Bildungsansatz, der die Normalität und die Vielfalt des Zusammenlebens vermittelt. Die Thematik der unterschiedlichen sexuellen Identitäten muss sich im Fächerkanon der unterschiedlichen Schulformen wieder finden und darf nicht nur im Rahmen der AIDS- oder Gesundheitsaufklärung thematisiert werden.

In allen Bildungseinrichtungen müssen qualifizierte und kompetente Vertrauenspersonen für Lernende und Lehrende zur Verfügung stehen, die bei Problemen und Fällen von Diskriminierung weiterhelfen können. Wir wollen in und außerhalb der Schule jede Art von Diskriminierung, ob wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität, bekämpfen.

finanzielle Ausstattung

2. Wie wichtig ist Ihnen eine bessere finanzielle Ausstattung der
Bundeszentrale füir gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und in diesem
Zusammenhang der Deutschen Aidshilfe (DAH)?

Der Bundesregierung ist die HIV-Prävention ein sehr wichtiges Anliegen. Angesichts der steigenden HIV-Neuinfektionen haben wir die Ausgaben für die HIV-Prävention seit 2007 um 4 Mio. jährlich auf nunmehr 13,2 Mio Euro (2009) erhöht. Mit diesen Mitteln wird die Arbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Deutschen Aidshilfe durch das BMG maßgeblich finanziert. (Die BZgA erhält zusätzlich Mittel der PKV, die DAH erhält zusätzlich Spenden und verfügt über Eigenmittel.)

HIV

3. Welche weiterführenden Schritte unternehmen Sie, um die
Neuinfektionsraten mit HIV bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), zu senken?

Die Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) ist die derzeit wichtigste Zielgruppe der deutschen HIV-Prävention. Die Bundesregierung hat sich im Aktionsplan der Bundesregierung verpflichtet, die HIV-Prävention für die Gruppe der MSM zu stärken. Die DAH wurde durch die BZgA beauftragt, eine zielgruppenspezifische Kampagne für die Gruppe der MSM auszuarbeiten. Die Kampagne „Ich Weiss Was Ich Tu“ www.iwwit.de ist im letzten Jahr gestartet und soll zunächst bis 2010 laufen. Sie wird wissenschaftlich begleitet. Abhängig von den Ergebnissen der Kampagne wird die Bundesregierung prüfen, ob es weiterhin notwendig ist, dieses zielgruppenspezifische Konzept fortzusetzen und/oder auszubauen.

Die HIV-Präventionsarbeit kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn sie auch auf Landes- und kommunaler Ebene angemessen finanziert wird. Einige Länder haben ihre Etats in den vergangenen Jahren (Hamburg, Niedersachsen, NRW) ebenfalls erhöht.

Andere, wie z.B. Baden-Württemberg, leider nicht. Aber auch die Kommunen sind gefordert eine angemessene Finanzierung der regionalen Aidshilfen sicherzustellen.
Die finanzielle Ausstattung der regionalen Aidshilfen kann die Bundesregierung nicht gesetzlich anordnen. Wir haben eine föderale Struktur in Deutschland, die im Grundgesetz festgeschrieben ist. Die Länder und Kommunen haben ihre Aufgaben in eigener Hoheit zu erfüllen und hierfür auch die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Die Bundesregierung wird jedoch weiterhin an die Länder- und Kommunen appellieren ihren Beitrag bei der HIV-Prävention zu leisten. Einige Länder haben im letzten Jahr die Etats ebenfalls erhöht.

kostenlose Kondomabgabe

4. Was halten Sie von einer kostenlosen Kondomabgabe an männliche
Jugendliche unter 18 Jahren?

Kondome schützen wirkungsvoll gegen eine Infizierung mit dem HI-Virus.
Die SPD setzt sich deshalb in den Kommunen und Gemeinden, in den Ländern und im Bund dafür ein, dass es ein niederschwelliges Angebot bei der Versorgung mit Kondomen gibt. Für Männer und Frauen gleichermaßen. Vielerorts werden Kondome bereits kostenlos vergeben. Das ist auch gut so, denn wir wollen nicht, dass jemand ungeschützten Sex praktiziert, weil er kein Geld für Kondome hat. Viele Projekte und Initiativen sind hier aktiv und sorgen dafür, dass Aids keine Chance hat.

Zudem haben wir alle in den letzten Jahren erreicht, dass eine regelrechte Entkrampfung im Umgang mit Kondomen gibt. Augenscheinlich wird dies am Warensortiment von Supermärkten, im Einzelhandel bis hin zu Tankstellen. Völlig selbstverständlich werden hier Kondome verkauft.

Neben der kostenlosen Versorgung mit Kondomen kommt es aber auch entscheidend darauf an, dass junge Männer genau wissen, wie Kondome richtig gehandhabt werden. Die hier etwa von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durchgeführten Kampagnen halten wir für mustergültig. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die BZgA weiterhin Mittel und Möglichkeit bekommt, ihre wichtige Arbeit fortzuführen.

Antidiskriminierungsgesetz

5. Was unternehmen Sie, um die Durchsetzung des
Antidiskriminierungsgesetzes auch an Schulen im Bundesgebiet zu verankern?

Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hat die SPD-geführte Bundesregierung erstmals gesetzlich festgelegt, dass es eine Benachteiligung aus Gründen der sexuellen Identität auch im Ausbildungsbereich nicht geben darf (§ 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nr. 3 und Nr. 7 AGG). Geschützt werden hier Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender vor Diskriminierung im Rahmen ihrer Berufsausbildung. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Respekt und Anerkennung von Homosexuellen.

Allerdings ist der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes begrenzt. Nicht alle werden vom Gesetz geschützt, sondern jeweils spezielle Situationen: Lebens und Schwule ind er Berufsausbildung und am Arbeitsplatz. Schülerinnen und Schülern bietet es keinen Schutz, das sie keine Erwähnung im Gesetz finden.

Die SPD will den Gedanken des AGG – keine Benachteiligung aus Gründen der sexuellen Identität – für alle Bereiche und für alle Menschen festlegen. Deshalb unterstützen wir die initiative das Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 3 entsprechend zu erweitern. Dann können sie auch lesbische und schwule Schüler auf ein echtes Benachteiligungsverbot wegen ihrer sexuellen Identität berufen

Darüber hinaus wollen wir, dass sich noch mehr Schulen in Deutschland als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ (SOR) beteiligen. Dieses Gütesiegel bekommen Schulen nur, wenn sie sich klar gegen Diskriminierung speziell auch gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender einsetzt. Viele SPD-Politiker sind mittlerweile Paten dieser Vorzeige-Schulen.

Suizidgefahr

6. Wie kann man Ihrer Meinung nach, eine erhöhte Suizidgefahr bei jungen
schwulen Männern absenken?

Die SPD tritt dafür ein, dass in unserer Gesellschaft eine Kultur der Anerkennung herrscht. Wir wollen, dass jeder ohne Angst verschieden sein kann. Kein schwuler Jugendlicher soll Angst haben, wenn er seine sexuelle Identität entdeckt. Kein schwuler Jugendlicher soll seine Homosexualität aus lauter Angst vor seiner Umwelt verschweigen, unterdrücken und verheimlichen.

Wie ausgeführt, wollen wir hierfür den rechtlichen Rahmen schaffen – etwa mit der Ergänzung des Gleichheitsartikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes, den wir um „sexuelle Identität“ erweitern wollen. Das bedeutet auch, dass wir konsequent jedwede Diskriminierung von Lesben und Schwulen unterbinden. Hier darf es nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Hier müssen wir den Widerstand der Konservativen endlich zur Seite schieben.

Aber wir wissen, dass wir mit Gesetzen und Verordnungen Impulsen setzen, die letztendlich von der Gesellschaft aufgenommen werden müssen, um die nötige Bewegung für die Sache der Lesben, Schwulen, Transgender und Bisexuellen auf den Weg zu bringen. Die SPD wird weiter dafür streiten, dass die erforderlichen Impulse gesetzt werden und die nötige Bewegung in Gang kommt bzw. in Gang bleibt.

Essstörungen

7. Was gedenken Sie, in Bezug auf Essstörungen bei jungen Männern zu
unternehmen?

Essstörungen betreffen alle Menschen. Aufklärung ist das A und O. Bestehende Gesundheitskampagnen sollten evaluiert und intensiviert werden. Hierüber sollte ebenso in den Schulen diskutiert werden.

homosexuelle/heterosexuelle Menschen

8. Was tut Ihre Partei für die Gleichstellung von homosexuellen Menschen mit heterosexuellen Menschen?

Die SPD tritt für die rechtliche Gleichstellung ein. Aber wir wissen, dass dies allein nicht ausreichend ist. Ebenso wichtig ist eine lebendige Kultur der Anerkennung und des Respekts in unserer Gesellschaft, in der man ohne Angst verschieden sein kann. Wir treten ein für ein offenes und tolerantes gesellschaftliches Klima, in dem Menschen ihre persönliche – hetero- wie homosexuelle – Entwicklung in Schule, Beruf, Alltagsleben erleben können.

Wir werden den Respekt gegenüber Homo-, Bisexuellen und Transgender fördern und Vorurteile in der Gesellschaft abbauen. Den von uns beschrittenen Weg der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften werden wir konsequent weiter gehen. Auf Bundesebene konnten wir in der großen Koalition das Erbschaftsrecht für lesbische und schwule Paare modernisieren.

Endlich werden hier Lebenspartner nicht mehr wie Fremde behandelt, sondern haben die gleichen Freibeträge wie Eheleute. Auch die Regelungen, die 2000 an der konservativen Bundesratsmehrheit gescheiterte sind (siehe Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz), werden wir weiter verfolgen. Unser Ziel ist es, das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe gleichzustellen und bestehende Benachteiligungen abzuschaffen. Wir meinen, wer die gleichen Pflichten hat wie Eheleute, soll auch die gleichen Rechte haben.

Gewalt und Diskriminierung gegen Lesben und Schwule müssen wirksam bekämpft werden. Wir sehen den Anstieg homophober Tendenzen – nicht nur bei Jugendlichen – mit großer Sorge. Deshalb werden wir den Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus auf die Bereiche Homophobie und antihomosexuelle Gewalt ausweiten.

finanzielle Ausstattung aller HIV-präventiv arbeitenden Einrichtungen

9. Die finanzielle Ausstattung aller HIV-präventiv arbeitenden Einrichtungen in Deutschland ist schlecht. Möchten Sie dies in der nächsten Legislaturperiode ändern?

siehe Antwort zu Frage 3

homosexuelle Menschen in Jugendarbeit

10. Wieweit setzen Sie sich für die Berücksichtigung der besonderen Lebenslage junger homosexueller Menschen in Jugendarbeit und Jugendhilfe ein?

Die SPD hat sich für die Förderung geschlechtsspezifische Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Kinder- und Jugendplan des Bundes eingesetzt, um die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen und Benachteiligungen abzubauen. Diese Förderung im Rahmen der Mittel des Bundesjugendministeriums werden wir fortsetzen.

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