GayNow-Artikel: Schwule Nazis Gepostet am 1. Mai 2010 von StefanNazi und zugleich schwul, dies gilt für die meisten als Unmöglichkeit. Doch auch innerhalb der Neonazi-Szene gibt es viele Schwule, teilweise geoutet, teilweise nicht. Aber gerade die engen kameradschaftlichen Beziehungen innerhalb der Szene führen oftmals zu schwulem Sex unter Neonazis.Die Thematik ist innerhalb der deutschen Neonazi-Szene sehr brisant, einerseits ist es ein offenes Geheimnis, dass in den meisten Verbänden auch durchaus schwuler Sex vorkommt und viele Kader selbst schwul sind, andererseits gilt Homosexualität für die Mehrheit als ideologisch verwerflich, es wird mit Schwäche und Unmännlichkeit assoziiert. Es gab mehrere heftige Debatten, wie mit diesem Thema umzugehen sei. Zwar stellen sich die meisten radikal gegen Homosexualität und fordern teilweise sogar die Wiederholung der historischen systematischen Schwulenermordung wie im Dritten Reich, doch zugleich leben auch viele schwule Neonazis geoutet in ihren Verbänden und werden als solche auch akzeptiert und anerkannt. Obwohl schwuler Sex nicht selten stattfindet, wird das Thema so gut wie nie offen thematisiert. Insbesondere das Wort „schwul“ wird als Selbstbezeichnung kategorisch abgelehnt.Der Dokumentarfilm „Männer, Helden, schwule Nazis“, von Rosa von Praunheim, thematisiert diesen brisanten Konflikt. Er lässt sowohl aktiv rechtsradikale und geoutete Schwule ebenso wie Aussteiger aus der Szene zu Wort kommen. Der in der Neonazi-Szene aktive Schwule André beschreibt die Thematik hierin folgend: er habe mitbekommen, „dass der Kampf gegen Schwule nicht unbedingt ein Kampf gegen Männer ist, die mit Männern in’s Bett gehen, sondern ein Kampf gegen Unmännlichkeit, ein Kampf gegen Schwächen.“ Der ebenfalls rechtsradikale Alexander Schlesinger beschreibt seine Meinung zu schwul sein und Männlichkeit mit: „Ich bin ja nicht schwul geworden, um auf so was feminines abzufahren, ich bin schwul geworden um auf Kerle zu stehen“. Das Bild von Männlichkeit spielt eine enorme Rolle im Konflikt zwischen Homosexualität und der rechtsradikalen beziehungsweise neonazistischen Szene.Den meisten Menschen scheint es zwar paradox und irrsinnig zu sein, dass es überhaupt schwulen Sex unter Nazis gibt, jedoch sollte man sich darüber bewusst werden, dass diese Szene zu ca. 80-90 % von Männern dominiert wird und Frauen hierin kaum vorkommen. Desweiteren wird die Neonazi-Szene beschrieben als ein Ort der das Gefühl gibt, „eben kein Fremder zu sein, sondern schon dazuzugehören.“, wie es der schwule Aussteiger aus der Szene Jörg Fischer beschreibt. Dieses Gefühl von Zugehörigkeit spielt für ungeoutete und sich mit ihrer Sexualität unsicher fühlende Schwule eine große Rolle.Ein berühmtes Beispiel für die Zwiespältigkeit in der neonazistischen Szene in Bezug auf Homosexualität ist der Fall Michael Kühnen. Kühnen war insbesondere während der 70er und 80er Jahre aktiv in der Szene und wurde zeitweise zu ihrem bedeutendsten Anführer. Er war selbst homosexuell, gab dies aber der Öffentlichkeit zunächst nicht preis. Anfangs sehr aktiv in der Jugendorganisation der NPD, gründete er später mit anderen eine Unterorgansation der NSDAP-AO, die SA-Sturm-Hamburg. Aus dieser entstand später die ANS (Aktionsfront Nationaler Sozialisten). Kühnen, als Chef der ANS, hatte das Ziel eine neue legale SA aufzubauen. Vorherrschaft auf der Straße und eine neue nazistische Bewegung der Massen waren seine Leitsätze hierbei. Er war sehr medienaffin und hat sein Kontakte zu Journalisten benutzt, um sich selbst als Anführer der Szene darzustellen. Es gelang ihm gut, die Medien für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Ein Zitat Kühnens von 1990 das er vor der Semperoper in Dresden äußerte ist hierfür sehr beispielhaft: „Der Spiegel hat mich zum gefährlichsten Neonazi Deutschlands gemacht und das bin ich auch.“ Kühnen war zu dieser Zeit in Ostdeutschland bereits bekannter als die rechtsradikale Partei der Republikaner. Um dieses Image wusste er und genoss es auch. 1981 wurde Johannes Bügner, Mitlgied in der ANS, von zweien seiner Kameraden mit 22 Messerstichen aufgrund seiner Homosexualität brutal ermordet. Kühnen verfasste daraufhin 1986 die 67seitige Streitschrift „Nationalsozialismus und Homosexualität“. Hierin hebt er das ermordete Opfer als einen großen Kämpfer für den nationalsozialistischen Kampf hervor. Kühnen solidarisierte sich nicht nur mit dem ermordeten Bügner, sondern propagierte sogar eine Vereinbarkeit von Homosexualität und nazistischem Gedankengut. Er argumentierte, dass Schwule sich im kriegerischen Kampf besser eignen würden, da sie sich im Gefecht nicht um ihre Familie zu kümmern bräuchten, und daher sich auf ihre Kameraden besser konzentrieren könnten. Die Veröffentlichung führte zu seinem politischen Ende. Einer der Liedertexte die aufgrund dieser Schrift entstanden war: „an der Laterne vor der Reichskanzlei hängt der schwule Kühnen und Brehl hängt gleich dabei, und alle Nazis bleiben stehen, sie wollen den Schwulen Hängen sehen, wie einst SA-Chef Röhm, wie einst SA-Chef Röhm.“ Michael Kühnen verstarb 1991 an den Folgen von AIDS. Während seines gesundheitlichen Leidensweges verließen ihn seine Freunde und sogenannten Kameraden von damals. Doch sein Begräbnis wurde dennoch als Aufmarsch instrumentalisiert und er als Held der neonazistischen Bewegung glorifiziert. Als die Besucher der Trauerfeier gefragt wurden, ob sie wüssten, dass Kühnen schwul war, wurde dies verneint mit der Erklärung, man habe Gerüchte gehört, aber nie einen schlüssigen Beweis gesehen.Kühnen ist kein Einzelfall, anderen schwulen Neonazis erging es ähnlich. Wie beispielsweise dem französischen Rechtsradikalen Michel Caignet, der sich als erster in der rechtsradikalen Szene outete. Caignet hatte das Ziel eine schwule, neonazistische Organisation aufzubauen. Jedoch wurde Caignet nach seinem Outing von der Szene ausgeschlossen. Zeitgleich begann in den Gruppen eine große Debatte um Homosexualität und insbesondere um schwule Kader in der Szene. Dies führte zu einer regelrechten Hetze und dem Beginn einer „Anti-Homo-Kampagne“.Auch aus der historischen Perspektive wird deutlich, dass das Verhältnis zwischen Homosexualität und Nationalsozialismus sehr ambivalent ist. Einerseits wurden während der Nazi-Diktatur so viele Schwule in Konzentrationslager gebracht und ermordet, dass dies als historisch einmalig gilt. Andererseits war der SA-Chef Ernst Röhm, Führer einer der wichtigsten nationalsozialistischen Organisationen, selbst schwul. Seine Homosexualität galt als offenes Geheimnis, sowohl unter den Nazis als auch in der Presse und der allgemeinen Öffentlichkeit. Ein Stricherjunge mit dem Röhm verkehrte, versuchte sogar ihn zu erpressen. Als ihm dies nicht gelang, klagte er Röhm mit Verweis auf den Schwulenparagraphen 175 vor Gericht an. Aber das Verfahren wurde aufgrund der politischen Bedeutung Röhms nicht weiter verfolgt. Auch gab es verschiedene Versuche in der deutschen Presse, Röhm aufgrund seiner Homosexualität zu diskreditieren, vor allem von Seiten der SPD. Dies führte zu einer Kontroverse innerhalb der NS-Elite. Hitler war sich lange Zeit unsicher, was er mit Röhm tun sollte. Denn er war einer der bedeutendsten politischen Freunde Hitlers und lange Zeit war Hitler sehr stark auf seine Unterstützung angewiesen. Die SA war eine Massenorganisation und Hitler benötigte sie um an die Macht zu kommen und diese zu bewahren. Insbesondere um Präsenz auf der Straße zu zeigen, einen Rückhalt für seine Drohungen zu haben und um seine Feinde auszuschalten. Dies alles geschah trotz des Wissens von Hitler um Röhms Homosexualität. Doch Röhm galt nicht nur als Risiko aufgrund des Skandals in der Presse. Er galt auch als politischer Gegner Himmlers und Görings. Aufgrund dieser Konflikte entschied sich Hitler letztendlich gegen Röhm und für einen Putsch gegen ihn. Im Vorhinein seiner Ermordung, schürte die SS gezielt Gerüchte betreffend seiner Homosexualität um ihn zu diskreditieren. Anschließend an die Ermordung wurde die Hetze gegen Schwule enorm gesteigert. Der § 175 wurde verschärft und es begann die systematische Internierung und Ermordung von Schwulen in Konzentrationslager.In der Hitlerjugend, ebenso wie in jeder größeren streng geschlechtergetrennten Jugendorganisation, kam es nicht selten zu gleichgeschlechtlichem Sex. Oftmals unter Mitwissen oder sogar der Beteiligung der Gruppenführer. Entgegen der allgemeinen politischen Propaganda wurde der Sex zwischen Männern an vielen Stellen des NS-Systems lange Zeit toleriert.Die nationalsozialistische Kultur hat eine besondere Betonung der Männlichkeit in ihren medialen Auftritten propagiert. In vielen Filmen und Fotos wurden Männer auf eine sehr heroische und erotisch aufgeladene Weise dargestellt. Diese Männerbilder wurden auch den Soldaten des Dritten Reiches gezeigt. Zwar war die ursprüngliche Intention eine klare Definition von Männlichkeit, Männer haben beispielsweise stark, ausdauernd, belastbar, unfehlbar und gute Krieger für das Vaterland zu sein. Aber in dieser Darstellungsweise lag auch eine enorme Homoerotik.Das Paradoxon dieses Konflikts findet heutzutage seine vermutlich krasseste Ausprägung in einer kleinen Szene von Schwulen, die einen sexuellen Fetisch auf Sadomasochismus in Bezug zur Nazi-Zeit haben. Hier werden sexuelle Rollenspiele ausgelebt, bei denen der eine der SS-Arzt und der andere den Juden darstellt. Weitere Fetische rund um nationalsozialistische Kultur sind beispielsweise das Ficken vor einer Hackenkreuzflagge oder anderen Nazi-Zeichen. Der Fetisch hat zumeist etwas mit den Assoziationen zu tun, die diese Menschen mit Nationalsozialismus verbinden, etwas böses und verbotenes. Zudem spielte Herrschaft und beherrscht werden während der Nazi-Zeit eine große Rolle, was für viele an sich bereits ein Fetisch ist, siehe Dominas, Handschellen und Andreas-Kreuze. Die eben genannten Fetische ebenso wie der Skin-Fetisch sind aber klar von denen der Nazi-Fetische zu unterscheiden.Letztendlich gibt es wohl Schwule in jeder gesellschaftlichen Gruppe in der Männer vorhanden sind. Schwule Nazis scheinen zwar paradox, aber die Sexualität ist relativ unabhängig von der jeweiligen politischen Ideologie und Überzeugung. Selbst wenn diese eine politische Meinung vertritt, die die eigene Sexualität für widernatürlich und pervers hält.